Schrot im Po

Warum das Hinterteil meines Setter-Gürkchens Schrotkugeln ziert? Tja, das ist eine Geschichte, die man sich nicht ausdenken kann. Felly heißt das gute Tier. Ihr Blick: tief. Ihre Gangart: eher schief. Und ihre Vergangenheit? Sagen wir mal… durchlöchert.

Eigentlich war alles wie immer. Bis Felly plötzlich beim Apportieren lieber lag als saß. Ich dachte zuerst: „Na gut, vielleicht nur ein fauler Tag.“

War es nicht.

Das Leben stoppt kurz

Ich fahre rechts ran und mache den Motor aus. Mein Blick wandert nach hinten: Der großartigste Setter dieser Welt schaut mich mit ihren dunklen Augen durch das Trenngitter fragend an. Ich habe das Gefühl, als versuche sie angestrengt mein Verhalten zu verstehen. Warum in aller Welt hat Frauli gerade heulend das Lenkrad vermöbelt? Mit schmerzender Hand nehme ich mein Handy und drücke nervös Herrlis Nummer. Währenddessen huschen mir die Ereignisse von heute durch den Kopf:

Der Termin beim Tierarzt

Wenn Hunde plötzlich ihr Verhalten ändern, dann wird es Zeit für den Tierarzt. Felly bevorzugte beim Apportieren immer häufiger das Platz statt einem Sitz. Wenige Tage später lieferte ich Felly in der Praxis zum Röntgen ab. Zwei Stunden darauf saß ich wieder im Wartezimmer, um sie abzuholen.

Die mittlere Tür ging auf. Ein kleines, klapperndes Tierchen erschien im Türrahmen. Die Lider hingen weit herunter, sodass ihre Augen auffallend rot erschienen, ihr Kopf war gesenkt. Sie wankte in meine Arme, um sicher den Weg ins noble Hundebett im Wartezimmer einzuschlagen. Nein, Felly war noch nicht bei Sinnen.

Diagnose: Totalschaden

Kurz darauf schon nahmen wir im Sprechzimmer Platz. Also, ich nahm Platz. Felly lehnte abwesend an der Wand und drückte sich in die Ecke. Dann trat der Tierarzt in den Raum und rückte den Hocker vor dem Rechner zurecht. Nach einigen Klicks auf dem Monitor sagte er: „So, wir haben festgestellt, dass Felly eine schwere HD hat. Und das beidseitig. Außerdem sieht es so aus, als seien auch beide Knie betroffen. Und rechts deutet alles auf einen alten Kreuzbandriss hin.

Pause. Schlucken. Verarbeiten.

„Felly ist aus dem Tierschutz? Kommen Sie gern mal rum, dann zeige ich Ihnen noch etwas.” Ich stellte mich neben den Arzt und blickte auf den Bildschirm. „Sehen Sie die kleinen Punkte hier überall? Das sind Schrotkugeln.” In diesem Moment wäre ich gern im Boden versunken. Ob er jetzt denkt, ich schösse auf meinen Hund?, blitzte es mir durch den Kopf. Gut, dass ich keine Waffen besitze und auch keine Ahnung vom Schießen habe. Gedanklich zurück im Behandlungszimmer, sagte ich: „Felly sollte mal zur Jagd gehen. Aus irgendeinem Grund, wurde sie dann aussortiert. Jetzt ist mir klar, warum. Krank und untauglich.“

Operation? Besprechen wir.

Der Tierarzt versuchte mich von einer Operation zu überzeugen und schlug das Einholen einer zweiten Meinung vor. Puhhhh. Ne. Ich hörte mir den Vortrag geduldig an. Ehrlich, ich war froh darüber. Doch eigentlich wollte ich nur das kleine, benebelte Etwas in den Arm nehmen. „Wir werden das besprechen”, sagte ich zum Tierarzt und schnappte mir die Leine. 

Raus, raus, raus!

Zurück im Auto

Endlich nimmt Herrli ab. „Hallöchen! Na, wie ist es gelaufen?”, will er wissen. „Heute ist ein echter Schrot(t)tag, sage ich. „Gerade erst mussten wir den einen Hund gehen lassen und jetzt das!”

Was kommt jetzt?

Natürlich haben wir eine Weile gebraucht, um Luft zu holen. Wie erwartet, haben wir uns dazu entschieden, die Zeit mit dem Hund zu genießen. Eine Operation wird es nicht geben, denn Fellys Herz ist auch nicht mehr in Ordnung.

Aber schauen wir mal auf das, was alles geht.

Mit einer regelmäßigen Librela-Injektion haben wir die Schmerzen im Griff. Apportieren läuft wie immer mega gut und ihre Nase wird bis ins hohe Alter Wunder vollbringen. Draußen vergisst sie alles (auch Herrli und manchmal auch Frauli) und läuft und läuft und läuft.

Da Felly jeden Tag nimmt wie er kommt, machen wir das auch. Wir leben einfach im Moment und leben bewusster. Heißt: Kein Handy auf der Gassirunde, kein Gelaber – einfach mal genießen.

Wann immer es geht, gönnen wir Felly einen wilden Ritt im Unterwasserlaufband und verwöhnen sie mit Physiotherapie. Lustige Momente schreiben wir auf einen kleinen Zettel und sammeln die im Hunderbaren Momente Glas. Wir haben gelernt, dass die gemeinsame Zeit endlich ist. Der Blick aufs Leben hat sich geändert.

Somit hatte dieser Schrot(t)tag auch eine positive Seite. Ja, ein vollkommen gesunder Hund wäre uns natürlich lieber. Dennoch: Wir können den Verlauf nicht beeinflussen. Watt kommt. Dat kommt. Deshalb: Machen!

All diese Erkenntnisse haben sich in unserem Alltag durchgesetzt. Nicht nur im Bezug auf den Hund, sondern auf alle Lebensbereiche.

Machen! Und zwar sofort! 😉